In der Schweiz ist die Grundversicherung für alle Personen obligatorisch und somit Pflicht. Durch sie sind die wichtigsten gesetzlichen Grundleistungen bei Krankheit, Unfall und Mutterschaft gedeckt. Welche Leistungen genau die Grundversicherung deckt und worauf man sonst noch achten sollte erfahren Sie hier:
Was ist die obligatorische Krankenpflege-Versicherung, die sogenannte Grundversicherung?
1996 wurde das schweizerische Krankenversicherungsgesetz (kurz KVG) eingeführt. Es regelt seither die obligatorische Krankengrundversicherung in der Schweiz. Die Krankenkassen sind dabei die Institutionen, welche die im Krankenversicherungsgesetz geregelten Leistungen für den Versicherten trägt. Krankenversicherungen sind nicht gewinnorientiert und werden vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) kontrolliert und beaufsichtigt. Momentan sind über 70 Krankenkassen für die Erbringung der Leistungen der obligatorischen Grundversicherung zugelassen.
Oblagatorisch heisst dabei, dass alle Personen, die in der Schweiz leben, diese abschliessen müssen. Obligatorisch ist aber auch, dass jede Krankenkasse jeden Versicherten in die Grundversicherung aufnehmen muss. Jede Person kann somit selbst wählen, bei welcher Versicherung sie diese abschliesst.
Kostenbeteiligung durch Prämie, Franchise und Selbstbehalt
Jeder Versicherte muss sich in der schweizer Grundversicherung an den Gesundheitsosten beteiligen. Das geschieht im Allgemeinen durch Prämien. Diese werden jährlich vom Bundesamt für Gesundheit für die einzelnen Kantone aufgrund der Gesamtgesundheitskosten des Vorjahres festgelegt. Sinn der Prämien ist die Deckung der Kosten und Ausgaben der Versicherungen. Somit ergeben sich auch unterschiedliche Prämien für unterschiedliche Altersstufen und Kantone. Auch innerhalb grosser Kantone existieren teilweise bis zu 3 Prämienregionen, da die Gesundheitskosten in ländlichen Regionen stark von städtischen Regionen abweichen können. Die Prämien für die Krankenkasse müssen von den Versicherten jeden Monat bezahlt werden. Egal ob Sie krank sind oder nicht.
Darüber hinaus müssen Sie sich im Leistungsfall, zum Beispiel wenn Sie zum Arzt oder ins Krankenhaus gehen oder Medikamente brauchen, an den Kosten beteiligen. Diese Kosten zahlen Sie bis zu einem wählbaren Betrag selbst. Das ist die Frachise. Auch nach Übersteigen der Frachise fallen Kosten an und zwar weitere 10 % des Betrages. Das ist der Selbstbehalt.Zudem gelten Maximalbeträge für den Selbstbehalt. Für Erwachsene liegt der Maximalbetrag bei 700 Franken, für einzelne Kinder 350 Franken. Wenn mehrere Kinder in einer Familie bei der selben Krankenkasse versichert sind, gilt ein Maximalbetrag von 700 Franken für alle Kinder zusammen.
Die Minimalfrachise für Erwachsene ist gesetzlich vorgeschrieben und beträgt 300 Franken pro Jahr. Je tiefer die Franchise gewählt wird, desto höher sind die monatlichen Prämien. Zu jedem Jahresanfang können Franchise individuell erhöht und die Prämie dadurch gesenkt werden. Wer selten zum Arzt geht, sparrt Geld.
Welche Leistungen umfasst die obligatorische Krankenversicherung?
Die obligatorische Grundversicherung bietet mit ihren Leistungen jedem Versicherten eine solide Versicherungsbasis. Die Leistungen der Krankenkassen in der obligatorischen Grundversicherung sind rechtlich einheitlich geregelt und geben dem Versicherer eine genaue Vorlage für Leistungsumfang und Verhalten. Wer darüber hinaus mehr Komfort wünscht oder weitergehende Bedürfnisse hat, kann auf eine Vielzahl von Zusatzversicherungen zurück greifen. Die Leistungen in der schweizerischen Grundversicherung beinhalten Abklärungen, Behandlungen und Arzneikosten bei Krankheit, Unfall oder Entbindung und stellen somit eine wichtige medizinische Grundversorgung dar. Jedoch übernimmt die Grundversicherung nicht die gesamten Kosten. Jeder Versicherte muss sich durch Franchise und Selbstbehalt auch selber an den Kosten beteiligen. Ausserdem werden auch nicht alle Behandlungen und Medikamente übernommen. Was übernommen wird und was nicht, ist im KVG festgelegt. Hier gilt der Grundsatz, dass eine zu übernehmende Leistung wirksam, zweckmässig und vor allem wirtschaftlich sein muss.
Was ist in der Grundversicherung versichert?
Folgende Leistungen werden im Rahmen der obligatorischen Grundversicherung von den Krankenkassen übernommen (Die komletten Leistungen sind in der Verordnung (KLV) über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung enthalten):
Spitalaufenthalte
Für öffentliche Spitale gilt gemäss KVG eine betraglich und zeitlich unbeschränkte Kostendeckung in der allgemeinen Abteilung im Wohnkanton. Eine Ausnahme besteht, wenn der Versicherte eine spezielle Leistung wie zum Beispiel komplexe Eingriffe benötigt, die aus medizinischen Gründen nicht im Wohnkanton durchgeführt werden kann. Als Kostenbeteiligung werden 15 Franken pro Spitaltag berechnet.
Medikamente
Medikamente werden in der obligatorischen Grundversicherung übernommen, wenn der Arzt sie verordnet. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Arzneimittel auf der sogenannten Spezialitätenliste, welche ständig an den medizinischen Fortschritt angepasst wird, aufgeführt ist. Auch wirkstoffgleiche Generika werden von der Kasse übernommen, sofern der Arzt diese mit dem Rezept nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat und die Arznei „nur“ als Originalmedikament verschreibt.
Komplementär- /Alternativmedizin
Unter dem Begriff Komplementärmedizin werden oft recht unterschiedliche therapeutische Ansätze zusammengefasst. Wie der Name schon sagt, versteht sich die Komplementärmedizin als ergänzende Massnahme zur klassischen Schulmedizin. Die Alternativmedizin jedoch versteht sich nicht „nur“ als Ergänzung zur Schulmedizin sondern teilweise auch als Alternative. Diese Ansätze beinhalten oft die Anwendung von Naturprodukten, Geist und Körper- oder Körper und bewegungsbasierte Methoden oder ganze alternative medizinische Systeme (Homöopathie, Chinesische Medizin etc.).
Im Rahmen der obligatorischen Grundversicherungen werden unter bestimmten Bedingungen auch Leistungen aus der Komplementär- und Alternativmedizin vergütet. Zu den wichtigsten Heilmethoden zählen dabei die anthroposophische Medizin, Homöopathie, Phytotherapie und die traditionelle chinesische Medizin. Bezahlt werden Leistungen sofern der behandelnde Arzt über entsprechende Weiterbildungen für die Therapiemethoden verfügt.
Prävention
Bei vorsorgliche Massnahmen übernimmt die Grundversicherung die Kosten für bestimmte Untersuchungen wie zum Beispiel:
- HIV-Tests bei Neugeborenen von HIV positiven Müttern
- Gynäkologische Untersuchungen alle 3 Jahre (die ersten beiden dabei jährlich)
- Verschiedene Vorsorge- und Schutzimpfungen zum Beispiel gegen: Masern, Mumps, Röteln (MMR), Windpocken, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Diphterie, Haemophilus-Influenzae Typ B, Pertussis, Poliomyelitis, Hepatitis B (bei speziellen Risikogruppen auch Hepatitis A), Frühsommer-Meningoenzephalitis (Zeckenenzephalitis), Impfungen gegen Grippe bei Personen ab 65 Jahren und bei Personen mit höherem Komplikationsrisikos im Falle einer Grippeerkrankung.
- Reiseimpfungen sind hierbei von der Kostenübernahme der Krankenkassen ausgeschlossen.
- 8 Untersuchungen bei Kindern im Vorschulalter zur Kontrolle der Entwicklung.
Mammographien zur Früherkennung von Brustkrebs. Diese werden im jährlichen Intervall übernommen, wenn Mutter, Schwester oder Tochter bereits erkrankt waren/sind.
Zahnbehandlungen
Die Vergütung von Leistungen bei Zahnbehandlungen innerhalb der obligatorischen Grundversicherung sind nur rudimentär geregelt. Zahnbehandlungen werden nämlich nur bei schweren Erkrankungen des Kausystems übernommen, die nicht vermeidbar waren oder wenn diese nach einem Unfall keine andere Versicherung deckt. So werden zu Beispiel die Kosten für Zahnspangen oder simple Zahnfüllungen nicht getragen. Das gilt für Kinder sowie Erwachsene und lässt viel Spielraum für zusätzliche Bedürfnisse des Versicherten. Hier macht eine Zusatzversicherung deutlich Sinn. Bei einer Zahnzusatzversicherung sollte genau geklärt sein, welche individuelle Bedürfnisse vorhanden sind. Oft beschränken sich Zahnzusatzversicherungen „nur“ auf konservierende Massnahmen.
Mutterschaft
Die Kostenübernahme der Grundversicherung in der Mutterschaft ist grundsätzlich wie folgt vorgeschrieben:
In der Schwangerschaft übernimmt die Grundversicherung die Kosten für sieben Routineuntersuchungen. Ebenso werden innerhalb der Routineuntersuchungen auch zwei Ultraschalluntersuchungen übernommen. Die erste sollte dabei zwischen der 11ten und 14ten und die zweite zwischen der 20ten und 23ten Schwangerschaftswoche stattfinden. Wird die Schwangerschaft jedoch als Risikoschwangerschaft eingestuft, werden so viele Untersuchungen wie nötig übernommen. Bei Geburtsvorbereitungskursen beteiligt sich die Grundversicherung mit 150 Franken, wenn diese von Hebammen in Gruppen durchgeführt werden. Die Kosten der Geburt selber werden generell vergütet, wenn diese von einem Arzt oder Hebamme durchgeführt werden. Die Geburt kann dabei in einem Spital, Geburtshaus oder zu Hause durchgeführt werden.
Nach der Geburt werden von der Grundversicherung die Kosten für eine Nachkontrolle (zwischen der 6ten und 10ten Woche) übernommen sowie auch die Kosten für bis zu drei Stillberatungen von Hebammen oder speziell ausgebildetem Personal.
Physiotherapie
Eine Kostenübernahme erfolgt abzüglich der regulären Kostenbeteiligung bei einem zugelassenen Therapeuten auf ärztliche Anordnung. Pro Verordnung werden maximal 9 Sitzungen übernommen wobei die erste Sitzung innert 5 Wochen nach Anordnung erfolgen muss. Sollte die Behandlung nach 36 Sitzungen nicht abgeschlossen sein, muss der behandelnde Arzt der Krankenkasse einen Bericht zukommen lassen.
Ergotherapie
Ebanfalls erfolgt bei Ergotherapie im Rahmen der regulären Kostenbeteiligung eine Kostenübernahme der Krankenkasse. Pro Anordnung werden bis zu 9 Sitzungen übernommen wobei die erste Behandlung innert 8 Wochen erfolgen muss. Auch bei einer Ergotheraphie die mehr als 36 Sitzungen in Anspruch nimmt muss der behandelnde Arzt einen Bericht an die Versicherung schicken, wenn die Therapie weiter von der Krankenkasse übernommen werden soll.
Chiropraktik
Auch ambulante Behandlungen bei Chiropraktikern ohne vorherige ärztliche Anordnung werden, zumindest im traditionellen Modell übernommen. Bei den alternativen Modellen ist der erste Ansprechpartner, je nach Modell, entweder der Hausarzt (Hausarztmodell), die telefonische Beratungsstelle (Telmed-Modell) oder der HMO-Arzt beim HMO-Modell.
Brillen
Leistungen an Sehhilfen werden in der Grundversicherung in erster Linie für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erbracht. Der Beitrag beträgt 180 Franken pro Jahr für ärztlich verordnete Brillengläser und Kontaktlinsen.
Bei Erwachsenen erfolgt eine Kostenübernahme nur im Falle von bestimmten Krankheiten. Zusatzversicherungen machen hier Sinn. Bei bestimmten Fällen von Hornhauterkrankungen oder Anpassungen nach Operationen liegen die Beiträge der Grundversicherung höher. Krankenkassen und Augenärzte können hier Fälle individuell beurteilen und Auskunft geben.
Hilfsmittel
Hilfsmittel wie zum Beispiel Gehhilfen oder Lesegeräte werden von der obligatorischen Krankenversicherung zum Teil übernommen. Die genaue Auflistung ist in der Mittel- und Gegenstandsliste (MiGeL) des BAG geregelt.
Badekuren
Im Rahmen der Grundversicherung ist auch eine Kostenbeteiligung der Krankenkassen an Badekuren möglich. Ein Beitrag der Krankenkassen in Höhe von CHF 10,- pro Tag sind möglich, wenn die Badekur ärztlich verordnet ist und auch im Falle von mehreren Kuren im Jahr eine Dauer von insgesamt 21 Tagen im Jahr nicht überschreiten. Ausserdem muss die Badekur in einem zugelassenen Heilbad stattfinden. Zusätzliche Leistungen wie Medikamente, Physiotherapie oder ärztliche Behandlungen werden im Rahmen der üblichen Kostenbeteiligung von der Grundversicherung erstattet.
Pflege
Sollte der Versicherte spitalexterne (Spitex) Pflege zu Hause oder in einem Pflegeheim benötigen, muss der Pflegebedarf von einem Arzt angeordnet werden. Aufgrund des ermittelten Pflegebedarfs leistet dann die Grundversicherung einen Beitrag an den pflegerischen Kosten. Auch die Beiträge an Pflegeleistungen unterliegen der generellen Kostenbeteiligung der Krankenversicherungen. Das bedeutet dass zum Beispiel Kost und Logis im Pflegeheim selbst getragen werden müssen. Als Rentner oder Rentnerin mit einem bescheidenen Einkommen können Ergänzungsleistungen zur AHV/IV beantragt werden.
Unfall
Wer ein Arbeitsverhältnis mit mindestens 8 Wochenstunden bei einem Arbeitgeber hat, ist über diesen auch gegen Berufs- und Nichtberufsunfälle gemäss Unfallversicherungsgesetz (UVG) versichert. Besteht kein Unfallschutz durch einen Arbeitgeber, kommt die Krankenkasse im Rahmen der Grundversicherung auch hier für grundlegende Leistungen auf.
Ausland
Bei Leistungen, die im Ausland in Anspruch genommen werden, unterscheidet man bei der Kostendeckung nach EU- und EFTA Ländern und Ländern ausserhalb. Innerhalb der EU- und EFTA Länder steht dem Versicherten bei medizinisch notwendigen Leistungen grundsätzlich die selbe medizinische Versorgung wie den Einwohnern zu. Ausgeschlossen sind dabei Leistungen für freiwillige Behandlungen. Ihre Krankenkasse stellt ihnen für Reisen in EU- und EFTA Länder die europäische Krankenversicherungskarte aus mit der Sie die Möglichkeit für einen einfachen Nachweis zur Versicherungsdeckung im Ausland haben.
Kosten für Behandlungen werden je nach Land entweder von der entsprechenden ausländischen Stelle bezahlt und später der Krankenkasse in Rechnung gestellt oder der Versicherte bezahlt diese vorübergehend und bekommt später eine entsprechende Erstattung von seiner Krankenkasse.
Leistungen, welche ausserhalb der EU- und EFTA Länder für eine medizinische Notfallversorgung in Ansprunch genommen werden, erstatten die Krankenkassen bis zum maximal doppelten Betrag, welcher die selbe Leistung in der Schweiz gekostet hätte. Eine entsprechende Zusatzversicherung kann bei Reisen in Länder (USA, Australien, Asien) mit höheren Gesundheitskosten Sinn machen.
Transporte und Rettungen
Die Krankenkasse beteiligt sich mit 50% an den Kosten bei Transporten für medizinische Behandlungen bis zu maximal CHF 500,- pro Jahr. Besteht beim Rettungstransport Lebensgefahr, bezahlt die Krankenkasse ebenfalls die Hälfte aber bis zu einem Betrag von CHF 5000,- pro Jahr.
Welche Krankenkassenmodelle gibt es?
Alternative Versicherungsmodelle werden mittlerweile von den meisten Krankenkassen angeboten und werden immer beliebter. Durch die Wahl eines alternativen Modells lassen sich Krankenkassenprämien sparen. Die Leistungen sind bei allen Modellen gleich, da diese im Rahmen der obligatorischen Grundversicherung durch das Krankenversicherungsgesetz (KVG) fest vorgeschrieben ist. Es ändert sich dabei nur der erste Ansprechpartner. Folgende Modelle gibt es in der Regel zu unterscheiden.
Freie Arztwahl – das traditionelle Modell
In der traditionellen Grundversicherung hat der Versicherte freie Arztwahl und kann innerhalb des eigenen Kantons selbst entscheiden, bei welchem Arzt oder Spezialisten er sich behandeln lässt.
Das Hausarzt Modell
Beim Hausarzt Modell wird, ausser bei Notfällen, für jede medizinische Behandlung ein Hausarzt konsultiert. Dieser entscheidet dann über den weiteren Verlauf der Behandlung und erstellt dann eine Überweisungsbestätigung für Spezialisten oder Spital.
Das HMO-Modell
HMO steht für Health Maintenance Organisation und ist ein Zusammenschluss von Ärzten und Spezialisten. Dieses Ärztenetz koordiniert die Behandlungen der Versicherten im HMO-Modell. Innerhalb des HMO-Netzes hat der Versicherte freie Auswahl der Ärzte.
Das Telmed-Modell
Beim Telmed-Modell wird, ausser bei Notfällen sowie Kontroll- und Vorsorgeuntersuchungen, vor dem Aufsuchen eines Arztes eine telefonische Beratungsstelle angerufen. Medizinisches Fachpersonal gibt dann entsprechende Verhaltensempfehlung oder leiten den Patienten direkt an einen Arzt oder ein Spital weiten.